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Deutscher Fischereitag 2019 in Magdeburg

20.-22.08.2019

Klimawandel im Mittelpunkt der Diskussion

Nach dem "Küstenfischereitag" im letzten Jahr in Lübeck war in diesem Jahr traditionell wieder ein Binnenland Gastgeber. Sachsen-Anhalt richtete nach 2004 erst zum zweiten Mal den Deutschen Fischereitag aus. Er fand in der Landeshauptstadt Magdeburg statt.

Zum ersten Mal hatte der neue Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes, Dr. Gero Hocker, die Gelegenheit, einen Fischereitag zu eröffnen. Dies tat er mit einer sehr starken Rede, bei der es viel Zwischenapplaus gab. (Die Rede von Präsident Hocker kann man hier sehen.)

Durch die Eröffnung führte der Vorsitzende des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes, Dr. Uwe Richter. Die Grußworte wurden vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Michael Stübgen, sowie der sachsen-anhaltinischen Ministerin für Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Prof. Dr. Claudia Dalbert und dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg, Dr. Lutz Trümper gehalten. (Die Grußworte findet man hier .)

In seinem Grußwort verwies Staatssekretär Stübgen auf die Erfolge der EU Fischereipolitik: "Insgesamt setzt sich der positive Trend bei den Fischbeständen seit Jahren unvermindert fort. Drei Viertel der Bestände im Nordostatlantik werden in diesem Jahr nachhaltig bewirtschaftet. Und was die Anlandungen angeht, steht es sogar noch besser: Fast 100 Prozent des angelandeten Nordseefisches stammt inzwischen aus nachhaltig bewirtschafteten Beständen. Damit haben wir hier das Reformziel der gemeinsamen Fischereipolitik fast erreicht", so Stübgen. Die derzeitigen Probleme wurden natürlich auch benannt. Vor allem in der Ostsee stehen den Fischern bekanntermaßen schwere Zeiten bevor. Die von der EU Kommission verhängten Sofortmaßnahmen zur Schließung der Fischerei auf den östlichen Dorsch sah er kritisch und meinte es sei eher unwahrscheinlich, dass diese einen Beitrag zur Verbesserung der desolaten Lage des Bestandes leisten könnten. Seine persönliche Meinung: "Ich halte diese kurzfristige Entscheidung der Europäischen Kommission für übertriebenen Aktionismus." Auch auf das Thema Kormoran ging er in seinem Grußwort ein und forderte ein funktionierendes EU weites Kormoranmanagement, das nicht nur den Artenschutz für den Kormoran sondern auch für die Fischbestände berücksichtigt. Was die Küstenfischerei natürlich besonders interessiert, ist die aktuelle Novellierung der Kontrollverordnung und die von vielen Seiten in diesem Zusammenhang geforderte Kameraüberwachung von Fischereifahrzeugen. Hierzu sagte der Staatssekretär: "Wie sie sicherlich wissen, hat die Berichterstatterin des Europäischen Parlamentes dieses Kontrollinstrument kategorisch abgelehnt und viele Mitgliedstaaten sehen die Kameraüberwachung ebenfalls sehr kritisch. Mein Ministerium ist auch dezidiert dagegen, vor allem gegen solche pauschal organisierte Kameraüberwachung." Diese Worte wurden von den anwesenden Hochsee- und Küstenfischern mit großem Interesse aufgenommen. Traditionell treffen sich auf dem Deutschen Fischereitag alle Sparten der Fischerei: die Hochseefischerei, die Kutter- und Küstenfischerei, die Binnenfischerei einschließlich der Aquakultur sowie die Angelfischerei. Rund 220 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung und der gesamten deutschen Fischerei nutzten die Gelegenheit, Informationen auszutauschen, eine fischereipolitische Lagebewertung vorzunehmen und gemeinsame Forderungen an die Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung zu richten.

Ehrengäste bei der Eröffnung

Ehrengäste der Eröffnungsveranstaltung: v.l. Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Hanns-Christoph Eiden, Niclas Herbst, Bernhard Feneis, Werner Kuhn, Michael Stübgen, Dr. Lutz Trümper, Prof. Dr. Claudia Dalbert und Dr. Gero Hocker
Foto: Claus Ubl

Kutterfischer beraten über die Zukunft der Ostseefischerei


Die Tagung des Verbandes der Deutschen Kutter- und Küstenfischer (VDKK) sowie die Sitzung des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes fanden bereits vor der offiziellen Eröffnung statt. .Auf der VDKK Sitzung wurden viele Themen angesprochen, die für die zukünftige Fischereiausübung von großer Bedeutung sind. Unter anderem ging es um die drohenden Fanggebietsverluste durch Natura 2000 Gebiete, die bereits im letzten Jahr eines der wichtigsten Themen für die deutschen Küstenfischer waren. Die Ostseefischer haben derzeit aber noch viel größere, existenzielle Probleme. Dort drohen nach den ICES-Empfehlungen im nächsten Jahr Fangverbote bzw. drastische Quotensenkungen bei den wichtigsten Fischarten. Bereits in diesem Jahr hatte die Kommission per Sofortmaßnahme die Fischerei auf den östlichen Ostseedorsch geschlossen. Und natürlich wurde auch über die Situation in der Krabbenfischerei gesprochen, die nach Rekordfängen im letzten Jahr jetzt in der Krise steckt, weil die Lager immer noch voll sind und trotz gutem Absatz für 2019 noch keine Besserung der Lage in Aussicht ist.

Hochseefischerei bewegt vor allem der Brexit


Für den Deutschen Hochseefischerei-Verband waren nach wie vor die möglichen Auswirkungen des Brexit das wichtigste Thema. Neben dem Zugang zu den traditionellen Fanggründen in der britischen Fischereizone besteht eine große Gefahr, dass der Brexit zu einem Verlust der relativen Stabilität führen könnte, wenn das bisherige Verteilungssystem durch ein neues Verteilungssystem auf der Basis räumlicher Verbreitung von Fischbeständen ersetzt wird. Turnusmäßig standen in diesem Jahr Wahlen an. Die Mitglieder wählen einstimmig erneut Herrn Dr. Uwe Richter zum Vorsitzenden und Herrn Haraldur Gretarsson zum Stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes. Man verständigte sich zudem darauf, dass es auch im nächsten Jahr wieder ein Parlamentarisches Frühstück in Berlin geben soll, da die Reaktionen im Nachgang auf das Parlamentarische Frühstück in diesem Jahr durchweg positiv waren.

Wissenschaftlicher Beirat behandelt den Klimawandel


Die Vortragsveranstaltung des wissenschaftlichen Beirates stand unter dem Motto "Klimawandel und Fischerei: Auswirkungen, Risiken, Chancen und Handlungsfelder". (Die Vorträge dieser Veranstaltung kann man hier noch einmal sehen.) Nach einem Impulsvortrag zu historischen und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels wurden in mehreren Vorträgen die Auswirkungen des Klimawandels auf die verschiedenen Gewässerbereiche und auf die Aquakultur betrachtet. Dabei ging es unter anderem auch um die Auswirkungen auf die Produktivität des Herings der westlichen Ostsee und die Veränderung der Verbreitung und Migration von Fischbeständen in den Meeren. Hierzu gab es eine Resolution des DFV, die im nächsten Heft erscheint. Das Thema stand auch im Mittelpunkt der Medienberichte über den Fischereitag. Insbesondere die Chancen durch wachsende Fischbestände in nördlichen Gewässern interessierten die Journalisten, die sonst oft nur Weltuntergangsberichte zum Klimawandel aufnehmen.

Weitere Vortragsveranstaltungen gab es vom Verband Deutscher Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler (VDFF) und von der Aalkommission, in der es eine rege Diskussion um zwei Vorträge gab, die sich mit dem Aalherpesvirus befassten. Der VDFF führte wieder eine Poster-Session mit Beiträgen junger Wissenschaftler zu fischereilichen Themen durch. Erstmal erzielten zwei Poster die gleiche Stimmenanzahl, so dass es zwei Preisträger gab. Das war zum einen Isabella Kratzer mit dem Poster "Perlen vor die Schweinswale - akustische Modellierung von Stellnetzmodifikationen zur Beifangreduktion". Hier wurde für die Vermeidung von Schweinswalbeifängen modelliert, mit welchen Objekten die Stellnetze für Schweinswale akustisch sichtbarer werden, wobei sich Plexiglaskugeln mit einem bestimmten Durchmesser als erfolgversprechendste Option herausstellten. Zum anderen gewann Laura Wichmann mit "Untersuchung zum Bioakkumulationspotential von Alizarianrot S im Fischmuskelgewebe am Beispiel des Europäischen Aals". Mittels einer eigens entwickelten Detektionsmethodik wurde gezeigt, dass sich der zur Markierung von Otolithen verwendete Farbstoff Alizarinrot S nicht dauerhaft im Aalmuskelgewebe einlagert.

Der nächste Deutsche Fischereitag wird vom 25. bis zum 27. August 2020 in Berlin stattfinden. Dann wird der Deutsche Fischerei-Verband sein 150jähriges Jubiläum in der Stadt begehen, in der er 1870 gegründet worden war.

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