overlay

Europa vor dem Brexit

21.03.2017

Das zweite Parlamentarische Frühstück des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes

Am 21. März 2017 fand unter dem Titel "Europa vor dem Brexit" das zweite Parlamentari-sche Frühstück des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes statt. Im Vordergrund standen dabei der geplante Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und dessen Auswirkungen auf die deutsche Hochseefischerei. Zu den Teilnehmern zählten zahl-reiche Mitglieder des Bundestages, der parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann, ranghohe Mitarbeiter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie weitere Vertreter aus der Politik und Verwaltung.

Dr. Uwe Richter begrüßt die Anwesenden

Dr. Uwe Richter begrüßt die Anwesenden

Der Begrüßung durch Dr. Uwe Richter, Vorsitzender des Deutschen Hochseefischerei-Verbandes, folgte ein Kurzvortrag von Gerard van Balsfoort, Vorsitzender der Pelagic Freezer-Trawler Association (PFA). Dieser betonte, dass die Küstenregionen mehrerer Länder der EU vom Zugang zu britischen Gewässern abhängig seien. Diese gemeinsame Nutzung der Fischereigebiete bestehe schon seit Jahrhunderten und hat für die Fischer einen entscheidenden wirtschaftlichen, sozialen und historischen Stellenwert.

Drei Schlussfolgerungen, so van Balsfoort, müsse man deshalb besondere Beachtung schenken: Erstens sei die EU abhängiger vom Zugang zur britischen Zone als umgekehrt, was sich auf die Brexit-Verhandlungen auswirken könne. Zweitens gäbe es Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten, inwieweit sie vom Zugang zu britischen Gewäs-sern abhängig seien. Geschlossenheit in der EU zu zeigen sei deshalb das Gebot der Stunde. Drittens gäbe es große Unterschiede in der Wichtigkeit der unterschiedlichen britischen Fischereizonen, was in den bevorstehenden Austrittsverhandlungen ebenfalls zu berücksichtigen sei.

Van Balsfoort betonte, welche großen Risiken ein "harter" Brexit mit sich brächte, der vor allem kurzfristiges Gewinnstreben im Blick hat. So würden Forderungen nach höheren Fischerei-Anteilen und die Festsetzung von einseitigen Quoten seitens des Vereinigten Königreichs dazu führen, dass mehr Fisch gefangen wird als von der Wissenschaft empfoh-len. Bei einer solchen wenig bis gar nicht gemanagten Fischerei wäre eine Überfischung der Gewässer vorprogrammiert. Unter kleineren Beständen und geringeren Fängen würde zum Schluss jeder leiden.

Gerard van Balsfoort bei seinem Kurzvortrag

Gerard van Balsfoort bei seinem Kurzvortrag

In konkreten Zahlen ausgedrückt könnte ein "harter" Brexit kurzfristig zu einem Verlust von 50 Prozent des Nettogewinns für die gesamte beteiligte EU-Flotte führen. Eine Reduzierung der Löhne für die Besatzung um 15% sei wohl ebenso unvermeidbar. Langfristig könnte der Brexit sogar noch gravierendere Folgen haben. So könnten 2.500-3.000 Vollzeitjobs in der EU-Flotte und 5.100-6.100 Vollzeitjobs in der gesamten Meeresfrüchte-Wertschöpfungs-kette verloren gehen.

Besonders für einen der größten europäischen Fischverarbeitungsbetriebe, die in Sassnitz auf der Insel Rügen ansässige Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH, könnte ein "harter" Brexit desaströse Folgen haben. Dr. Richter erklärte, dass hier vor allem Hering verarbeitet wird und der gesamte Hering auf dem deutschen Mark aus britischen Gewässern stammt. Für das Unternehmen seien die Beibehaltung der "relativen Stabilität" in der Quotenvertei-lung und der Zugang zu britischen Gewässern überlebenswichtig. Sollten sich die Fischbe-stände durch Überfischung stark verringern, drohe die Schließung des Betriebs. 200 Mitar-beiter von Euro-Baltic verlören ihren Job und die Existenz von mehr als 150 weiteren, von der Heringsfischerei abhängigen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern wäre bedroht.

Ziel der Veranstaltung war es, mit den anwesenden Vertretern der Politik in Gedankenaus-tausch zu treten. Das Fazit: In der dem Kurzvortrag folgenden Diskussion war man sich einig, dass die EU der Fischerei Priorität geben muss und die Fischerei kein Druckmittel in den Brexit-Verhandlungen sein darf. Jetzt gelte es vor allem, in der EU für eine geschlos-sene Linie zu sorgen, um einseitige Lösungen für bestimmte Fischereien und/oder bestimmte Mitgliedsstaaten zu vermeiden. Auch sei es entscheidend, Stimmen, die die "relative Stabilität" der Quotenverteilung in Frage stellen, entschieden entgegen zu treten, denn nur durch eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Staaten im Fischerei-management kann die Nachhaltigkeit der Fischerei gewährleistet werden.

Titelbild_Homepage.jpg
Angler.jpg
Kutter6.jpg
selentfischer.jpg
AntaresWestbank.jpg
abfischen.jpg